20 Dezember 2007

Diskreditiert?

Stephan Braun und Ute Vogt haben unter dem Titel "Die Wochenzeitung 'Junge Freiheit'" ein Buch herausgegeben. Die im Titel genannte Publikation kommt darin nicht besonders gut weg.

Die JF steht, sagen wir mal, ziemlich weit rechts. Etwas konkreter: Sie wurde bis vor einiger Zeit vom Verfassungsschutz beobachtet, und auf ihren Seiten sind Holocaust-Leugner wie Fred Leuchter und David Irving - wie soll ich sagen? Scharfe Kritik sieht jedenfalls anders aus.

Das oben erwähnte Buch nennt zahlreiche Personen, die auf irgendeine Weise mit der JF zu tun haben, darunter auch Dr. Stefan Scheil. Letzterer hat nun eine Unterlassungserklärung gegen das Buch erwirkt und dessen weitere Verbreitung zunächst unterbunden. Man darf davon ausgehen, dass dies der JF nicht ungelegen kommt, und wie sie berichtet, soll Scheil sogar weitere juristische Schritte in Erwägung ziehen:

Daher überlege er, gegen weitere seiner Ansicht nach unwahre und ihn und seine Arbeit diskreditierenden Behauptungen juristisch vorzugehen, sagte Scheil.

Keine Frage - falls in diesem Buch etwas Falsches über Stefan Scheil steht, dann muss das korrigiert werden.

Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist Scheils Empfindlichkeit, was seinen Ruf angeht, denn niemand diskreditiert Stefan Scheil gründlicher als Stefan Scheil selbst.

Scheil, immerhin ein gelernter Historiker, brachte es einem Diskussionsforum tatsächlich fertig, Suworows Buch "Der Eisbrecher" zu verteidigen. Suworow vertritt dort die Ansicht, Hitler habe einen Präventivkrieg geführt und sei einem Angriff Stalins nur knapp zuvorgekommen.

Allerdings verfälscht Suworow gelegentlich die Quellen, auf die er sich beruft. Für einen Historiker kommt das einem Todesurteil gleich. Ob Scheil dies nicht bemerkt hat, oder ob er die Schwächen von Suworows Buch erkannt, aber ignoriert hat, weil es ihm gut ins Weltbild gepasst hat, sei dahingestellt - auf jeden Fall sind gewisse Zweifel an Scheils Kompetenz als Historiker anzumelden, wenn er diesen Autor und dieses Buch ernst nimmt und sogar noch verteidigt.

Das war aber noch nicht alles. In der erwähnten Forumsdiskussion kam mein Text zur Sprache, in dem ich nachgewiesen habe, wie Suworow seine Leser über seine Quellen täuscht. Darauf behauptete Scheil:

Wo Suworow Quellen verfälscht haben soll, diesen Nachweis führt Langowski nicht.

Das war ein bisschen geflunkert. Scheils Rezeption meines Textes war dem, was Suworow mit seinen eigenen Quellen angestellt hat, anscheinend gar nicht so unähnlich. Zu Scheils Argumenten gegen meinen Text zählte schließlich auch noch dies:

Es gibt daher außer in der Phantasie des Rezensenten keine Beziehung zwischen Suworow und der Auschwitzleugnung oder gar zwischen den Lesern (!) von Suworows Büchern und den Auschwitzleugnern. Diese blühende Kombinationsgabe überrascht insofern nicht, als sich der Name Jürgen Langowski bei einer Literaturrecherche nur im Zusammenhang mit Übersetzungen und Herausgaben von Kriminal- und Fantasyromanen gefunden hat.

Austeilen kann er wie ein Bauarbeiter, aber wenn es ihn mal selbst trifft, zeigt Herr Scheil sich anscheinend äußerst dünnhäutig.

Nicht ohne Ironie ist, dass der Historiker Rolf-Dieter Müller in einem Beitrag für die FAZ Stefan Scheil bescheinigt hat, er verbreite womöglich "verblüffende fiktionale Unterhaltung".

Meine erste Reaktion auf dieses Urteil war, Stefan Scheil mit einer gewissen Häme als Übersetzerkollegen zu begrüßen.

Nach einigem Nachdenken möchte ich doch lieber davon absehen.

Nicht auszudenken, was herauskäme, wenn Herr Scheil das Übersetzen so ähnlich betreiben würde wie das, was er für Geschichtswissenschaft hält.

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