21 November 2008

Ein neuer Schäuble

Ein "Schäuble" ist meine neue Maßeinheit für beleidigte Leberwürste.

Er hat es schon mal gemacht, und er tut es gerade wieder. Wenn ihm nicht gefällt, was bei demokratischen Prozessen herauskommt, will er die Spielregeln ändern.

Schäuble ist Innenminister und soll die Verfassung schützen, auf die er vereidigt ist. Etwas mehr Demut und Fingerspitzengefühl im Umgang mit Bürgerrechten und demokratischen Werten wären da durchaus angesagt.

Der Mann vergisst offenbar, dass er nur einen befristeten Arbeitsvertrag hat. Wir (die Bürger) sind der Souverän. Schäuble ist bloß unser Angestellter, den wir bei nächster Gelegenheit in die Wüste schicken können. 

Ergänzung: Die SZ und ein paar vernünftige Politiker sehen das offenbar ähnlich.

Ergänzung: Wie die ZEIT meldet, hat u.a. der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, Schäubles Vorschlag zugestimmt. Bosbach? Bosbach? War da nicht mal was?

22 September 2008

22 August 2008

Ein schöner Verein

Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst setzte den Wetzlarer Bezirksdekan Peter Kollas ab, weil dieser ein gleichgeschlechtliches Paar gesegnet hatte.

Wenn man die Kirche als privaten Verein sieht, der von seinen Mitgliedern bestimmte Verhaltensweisen verlangt, die man mit dem Beitritt billigt und zu befolgen verspricht, dann ist so etwas möglich. Wer die Regeln nicht befolgen mag, kann den Verein ja verlassen und hat die Freiheit, einen eigenen Verein mit anderen Regeln zu gründen.

Nun ist die Amtskirche aber kein privater Verein, sondern sie versteht sich als moralische Instanz, die sich ausdrücklich auch das Recht herausnimmt, in die Gesellschaft hineinzuwirken - man denke nur an Religionsunterricht, Kliniken, Kindergärten und die Rundfunkräte. An dieser Stelle muss es sich die Kirche gefallen lassen, dass die Gesellschaft im gleichen Maße auf die Kirche zurückwirken will und beispielsweise nach Verfassungstreue, nach Diskriminierung von Frauen und Minderheiten oder auch nach Tarifverträgen fragt.

Leider traut sich kein Politiker, diese grundsätzliche Problematik so klar anzusprechen, und so ist die katholische Kirche, um die es hier geht, in der komfortablen Lage, das eine tun zu können, ohne das andere lassen zu müssen.

An diese Verwerfung demokratischer Spielregeln sollten wir denken, wenn wir über Gottesstaaten und Terrorismus reden. Eine blutige Geschichte hat die katholische Kirche schließlich auch, und solange es keine unmissverständliche Verurteilung der Verbrechen an unschuldigen Opfern gibt, die dran glauben mussten, weil sie nicht dran glauben wollten, muss man wohl davon ausgehen, dass an höchster Stelle heute noch stillschweigende Billigung findet, was beispielsweise vor einigen Jahrhunderten in Südamerika geschah.

Geradezu peinlich wird es, wenn man die Argumente der Kirchenvertreter im oben angesprochenen Fall betrachtet:

Die bloße Veranlagung zur Homosexualität ist indes noch keine Sünde. Homosexuelle Handlungen sind "in sich nicht in Ordnung", weil aus einer solchen Beziehung keine Kinder entstehen können. Sie verstoßen damit nach katholischer Auffassung gegen das "natürliche Gesetz". Im Katechismus heißt es deshalb: "Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit aufgerufen." (faz.net, 22. August 2008)

Nun gibt es zahlreiche Ehepaare, die aus biologischen Gründen keine Kinder bekommen können. Auch denen müssten, wenn man diese Regel konsequent anwendet, sexuelle Handlungen verboten sein, da sie ja zwangsläufig nicht auf die Fortpflanzung zielen können. Wie man sieht, verzichtet die katholische Kirche gelegentlich durchaus darauf, ihre Regelungen allzu konsequent anzuwenden. Modern ausgedrückt, könnte man die Verantwortlichen als opportunistische Heuchler bezeichnen. Früher hießen sie Pharisäer - also genau die Leute, gegen die der Religionsstifter Jesus vorging.

Die Regel, Lust und Liebe seien als Motiv für sexuelle Handlungen nicht statthaft, ist ein klassisches Beispiel für den uralten Unfug, den die katholische Kirche, wie oben schon angedeutet, heute noch in die Gesellschaft hineinträgt. Weiter heißt es bei faz.net:

"Es gibt keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinne", schreibt die Kongregation für die Glaubenslehre im Jahr 2003.

Doch, das gibt es. Dieses Fundament ist genau das, was der erwähnte Religionsstifter gepredigt hat: bedingungslose Liebe und Toleranz ohne Ansehen der Person. Offenbar nimmt sich die katholische Amtskirche gelegentlich selbst wichtiger als den Glauben, den zu vertreten sie vorgibt. Auch das ist freilich nichts Neues.

26 Juni 2008

Gelegenheit

In Emden hat ein heftiger Hagelschauer etwa 30.000 VW-Neuwagen beschädigt.

Ich nehme an, es gibt demnächst viele Sonderangebote bei VW-Händlern.

30.000 Tote

Artikel im Spiegel: Oberstes Gericht spricht US-Bürgern Recht auf Waffen zu.

Das ist ein Anlass, mal wieder die etwa 30.000 Menschen zu erwähnen, die innerhalb der USA jedes Jahr mit Schusswaffen getötet werden; darunter sind mehr als 2000 Kinder. Von den Verletzten, wie in diesem Fall, ganz zu schweigen.

Das nennen Waffenlobbyisten womöglich den Preis der Freiheit. Nur schade, dass manche einfach zu tot sind, um sich über die Freiheit noch freuen zu können.

Na ja. Man kann nicht alles haben.

21 Juni 2008

Heimlich

Bei heise.de lese ich: Bundestag fordert mehr Einsatz gegen Internet-Zensur weltweit.

Mein erster Gedanke dazu war: Das haben die heimlich gemacht, als Herr Schäuble gerade auf dem Klo war.

Dann fiel mir ein, dass Herr Schäuble nicht unbedingt einschränken will, was wir lesen. Er möchte bloß unbeschränkt mitlesen - und das ist ja etwas ganz anderes.

22 April 2008

Grobe Einmischung

Die Stadt Paris hat den Dalai Lama zum Ehrenbürger ernannt.

Die chinesische Regierung empfindet das als Provokation.

Das ist ihr gutes Recht, und das war zu erwarten.

Zugleich finden die chinesischen Machthaber offenbar, dies sei eine "grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas".

Womit nicht etwa die Tatsache gemeint ist, dass China sich in die Entscheidungen der Pariser Stadtregierung einmischt, sondern vielmehr die Entscheidung der Stadtregierung selbst.

Es ist nicht seltsam, dass China mit zweierlei Maß misst. Seltsam ist allerdings, dass sich niemand darüber aufregt. Was die chinesische Führung hier veranstaltet, grenzt an orwellschen "Neusprech".

Vielleicht ist es aber auch einfach so, dass die Chinesen mit ihrer neuen Rolle als Weltmacht derzeit noch überfordert sind und reagieren wie ein hormongestresster Halbwüchsiger, sobald ihnen irgendwo auf der Welt etwas nicht passt.

Na gut, über die Amerikaner reden wir heute mal nicht.

19 April 2008

Systemwidrig

Lange genug hat es gedauert, aber endlich bewegt sich etwas. Die Höhe der ersten Abmahnung soll in harmloseren Fällen auf 100 Euro beschränkt werden, was dem Abmahn-Unwesen hoffentlich einen Riegel vorschieben wird.

Es hat vermutlich nicht zuletzt deshalb so lange gedauert, weil im Bundestag überproportional viele Anwälte sitzen.

Einige FDP-Mitglieder bezeichnen die Deckelung der Abmahngebühren als "systemwidrig". Ich habe keine Statistiken zur Hand, sondern nur eine Ahnung, dass auch in der FDP überproportional viele Anwälte vertreten sind. Überproportional womöglich sogar im Verhältnis zum Rest des Bundestages.

Die Umfaller

SPD-Chef Beck nennt die Hamburger Grünen "Umfaller" und wirft ihnen vor, sie seien ihm und seiner Partei "in den Rücken gefallen", weil sie in Hamburg eine Koalitionsregierung mit der CDU bilden wollen und dafür Kompromisse schließen müssen, die ihm und seinen Parteifreunden nicht schmecken.

Ganz anders seine eigene Partei, die SPD. Die bildet auf Bundesebene nämlich keine Koalition mit der CDU und muss dort auch keinerlei Kompromisse eingehen, die Beck und seinen Parteifreunden nicht schmecken.

Das stimmt zwar nicht, aber so argumentiert er.

Allmählich kommt es mir so vor, als sei Herr Beck die schärfste Waffe der SPD-Gegner.

30 Januar 2008

Typisch

Die Hamburger NPD beklagt sich in erbärmlichem Deutsch darüber, dass eine Firma keinen Stempel für die Partei anfertigen wollte:
(...) daß sein Unternehmen mit einer Partei wie der NPD keine Aufträge abschließen wolle und bat um Verständnis.

Natürlich erhielt er Verständnis mit dem Hinweis, daß es sich hierbei um ein für die BRD typisches Demokratieverständnis handele.

Das ist die übliche rechtsextreme Larmoyanz, die mit der Wahrheit nicht viel zu tun hat. Zu der Freiheit, die wir in diesem Land genießen, gehört nämlich auch die Freiheit, sich auszusuchen, mit wem man Geschäfte machen möchte - und mit wem nicht.

Bemerkenswert ist noch, dass die NPD Hamburg auf ihrer Startseite einen bebilderten Link zum Nazi-Anwalt Rieger gesetzt hat, der vor einiger Zeit den Diktator und Massenmörder Hitler als den größten deutschen Staatsmann des vergangenen Jahrhunderts bezeichnet hat.

Die Art von Demokratieverständnis, dem die Hamburger NPD anscheinend den Vorzug geben würde, ist in Deutschland glücklicherweise nicht mehr mehrheitsfähig. Ein Grund dafür sind die Verbrechen des Hitler-Regimes, die der Nazi-Anwalt Rieger - so ein Zufall aber auch - im Gerichtssal geleugnet hat.

28 Januar 2008

Linksruck

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Jürgen Thumann, hat nach den Wahlen in Niedersachsen und Hessen vor einem Linksruck gewarnt:

"Der Linksruck in Deutschland setzt sich fort", sagte Thumann dem "Handelsblatt". Die Linkspartei habe überraschend hohe Zustimmung erreicht, die CDU in Hessen viel stärker verloren als erwartet. "Die Politik muss aufhören, nur über soziale Gerechtigkeit und Umverteilung zu reden", sagte Thumann. Sie müsse stattdessen dafür sorgen, dass die Wirtschaft Arbeitsplätze schaffen könne: "Das ist sozial."

Der hessische Ministerpräsident Koch hat mit übler Hetze gegen Ausländer Wahlkampf gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, auch nur ein Wort des Protests vom BDI gehört zu haben - offenbar fand man das nicht unsozial und den eigenen Interessen nicht abträglich. Wenn aber Koch von den Wählern dafür die Quittung bekommt, dann gefällt das Herrn Thumann überhaupt nicht.

Daraus lerne ich: Gegen Minderheiten agitieren ist in schon Ordnung, solange nur die Kasse stimmt.

Das kommt mir irgendwie bekannt vor, und es ist wohl kein Zufall, dass auch der Zentralrat der Juden gegen Kochs Politik protestiert hat.

24 Januar 2008

Alles digital?

In der WR lese ich, Ryanair habe verschiedene Gebühren erhöht:

Die Aufgabe eines Gepäckstücks am Flughafen kostet 12 statt bisher 10 Euro, doppelt so viel wie die Gepäckaufgabe über das Internet (...)

Jetzt frage ich mich, wie ich meine Reisetasche digitalisieren kann, und ob das Handgepäck zukünftig in Kilobyte statt Kilogramm gemessen wird. Und wer weiß, vielleicht kann ich mich im nächsten Urlaub gleich selbst nach Lanzarote downloaden. Ein Glück, dass wir DSL und einen Scanner haben.